Heizen

Alternativlos für das Klima

Von Jens Bartels · 2022

Wärmepumpe.
Heizen mit der Wärme der Umgebungs- luft wird immer attraktiver. Foto: iStock / NAPA74

Der Einmarsch Russlands in die Ukraine liefert einen weiteren Grund, endlich die Geschwindigkeit beim Umbau der Energieversorgung im Wärmesektor der Bundesrepublik zu erhöhen. Dabei ist die Politik dringend gefordert, die Wende mit den richtigen Rahmenbedingungen voranzutreiben. Ein besonderes Augenmerk gilt dem Einsatz von Wärmepumpen.

In immer mehr neuen Wohngebäuden in Deutschland werden erneuerbare Energien zum Heizen genutzt: Über zwei Drittel (70,7 Prozent) der im Jahr 2021 fertiggestellten Wohngebäude werden ganz oder teilweise mit erneuerbaren Energien beheizt. Wie das Statistische Bundesamt kürzlich mitteilte, stieg dieser Anteil gegenüber dem Jahr 2020 (68,8 Prozent) um knapp zwei Prozentpunkte. 2015 hatte er noch bei 61,5 Prozent gelegen. Als primäre, also überwiegend für das Heizen eingesetzte Energiequelle werden erneuerbare Energien in mehr als der Hälfte (55,1 Prozent) der 102.955 im Jahr 2021 fertiggestellten Wohngebäude eingesetzt (2015: 38 Prozent). Meist handelt es sich um Wärmepumpen: Sie kommen in 50,6 Prozent der Neubauten als primäre Heizung zum Einsatz (2015: 31,4 Prozent). Neben den Wärmepumpen zählen zu den erneuerbaren Energien bei Heizungen auch Solarthermie, Holz in Pelletheizungen oder Kaminöfen, Biogas beziehungsweise Biomethan sowie sonstige Biomasse.

Mehr Tempo nötig

Allerdings reicht diese positive Entwicklung im Bereich der neuen Wohngebäude nicht aus, die Pariser Klimaziele zu erreichen. Denn der Großteil der Energieversorgung im Wärmesektor läuft immer noch über Erdgas, Mineralöl und Kohle, also Energieträger, die klimaschädliche Emissionen erzeugen. Um die Klimaziele zu erreichen, ist aber eine schnelle und zugleich nachhaltige Umstellung des gesamten Wärmesektors von zentraler Bedeutung. Beides lässt zu wünschen übrig. So stellte das Umweltbundesamt Anfang des Jahres fest, dass die Entwicklung der erneuerbaren Energien im Wärmesektor in den vergangenen Jahren wenig dynamisch war. Das Amt bezieht sich dabei auf Daten, die das Fachgremium „Arbeitsgruppe Erneuerbare Energien-Statistik“ seit 2004 regelmäßig erfasst. Durch die Nutzung erneuerbarer Energien konnten nach vorläufigen Berechnungen im Jahr 2021 insgesamt 221 Millionen Tonnen Treibhausgasemissionen vermieden werden: 167 Millionen Tonnen im Strombereich, aber nur 45 Millionen Tonnen im Bereich Wärme. Zwar ist laut Umweltbundesamt insbesondere die Nutzung fester Biomasse wie etwa Holz bis zum Jahr 2013 kontinuierlich angestiegen, seither wächst der Beitrag erneuerbarer Energieträger am Wärmeverbrauch aber nur noch wenig.

Fokus ändern

Gründe für den schleppenden Umstieg gibt es genug. Dazu gehört das Versäumnis, die richtigen Marktsignale zu setzen: Relativ niedrige Gaspreise, eine geringe Besteuerung von Heizöl oder vergleichsweise hohe Strompreise machten eine Umrüstung der Heizanlage nicht sonderlich attraktiv. Zudem ist es vergleichsweise einfach, eine Photovoltaik-Anlage für grünen Strom auf das Dach zu bauen, aber viel komplizierter, die komplette Wärmeversorgung im Heizungskeller auszutauschen. Darüber hinaus sind gemeinschaftliche Investitionen im Energiebereich viel leichter zu tätigen als im Wärmesektor. Klar muss auch sein: Die klimafreundliche Heizlösung eines Neubaus sieht anders aus als die klimafreundliche Sanierung eines Altbaus, und Städte mit Fernwärmenetz haben andere Möglichkeiten bei der Umsetzung grüner Ideen als Kommunen im ländlichen Raum.

Grüne Energiegewinnung

Zu den interessantesten Alternativen zur Gas- oder Ölheizung im Eigenheim gehört die Wärmepumpe. Dabei wird die Wärme aus dem Erdreich, dem Grundwasser oder der Umgebungsluft gewonnen. Im Betrieb benötigt die Wärmepumpe lediglich eine geringe Strommenge. Wenn diese Elektrizität zudem aus einer Photovoltaik-Anlage vom eigenen Dach stammt, wird die Wärmepumpe komplett treibhausgasemissionsfrei betrieben. Ein weiterer Vorteil von Wärmepumpen: Durch eine intelligente Steuerung sind sie in der Lage, flexibel auf die Anforderungen des Stromnetzes zu reagieren. So kann zum Beispiel die Wärmepumpe genau dann arbeiten und den Wärmespeicher füllen, wenn viel Solarstrom vom Dach kommt oder der Wind stark weht und viel Windstrom im Netz zur Verfügung steht. Die Installation einer Wärmepumpe ist allerdings teuer, und viele Menschen denken nur bei Neubauten über sie nach. Doch Experten weisen darauf hin, dass sie auch bei Bestandsgebäuden mittlerweile technisch möglich und auch nötig ist, damit die Wärmewende vorankommt. Die Bundesregierung plant eine Offensive zum Einbau von Wärmepumpen. Ab 2024 sollen jährlich mindestens 500.000 neue Pumpen zum Heizen von Häusern installiert werden – bis 2030 sind sechs Millionen geplant. Zum Vergleich: Im vergangenen Jahr wurden lediglich 150.000 Wärmepumpen in Deutschland verbaut.

Energie beim Heizen einsparen

Was es noch für grüne Möglichkeiten gibt, um nicht zuletzt auch unabhängiger von russischen Gaslieferungen zu werden, skizzierte kürzlich ein internationales Team von Energieexperten und Wissenschaftlern im Rahmen einer Machbarkeitsstudie. Die Expertinnen und Experten schlagen zum Beispiel vor, bis Jahresende rund 1.700 weitere Windräder zu errichten, die bereits genehmigt, aber derzeit noch nicht aufgebaut sind. Passend dazu sollten bis zum Winter rund 330.000 zusätzliche größere Wärmepumpen installiert werden, die jeweils mehrere miteinander verbundene Häuser oder Wohnungen mit Wärme versorgen. So könnten mehr als drei Millionen zusätzliche Haushalte mit Wärme aus Strom versorgt werden, die bisher ans Erdgasnetz angeschlossen waren. Der zusätzliche Strombedarf soll über die neuen Windräder erzeugt werden.

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