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Haustiere

Massenware Tier: Horrorzucht für Handel

Von Sophie Burke · 2023

Es ist eine gewaltige Zahl: In deutschen Haushalten leben knapp 35 Millionen Kleinsäuger, Hunde, Katzen und Vögel. Und die riesige Nachfrage nach tierischen Gefährten, die zudem während der Corona-Pandemie zusätzlich in die Höhe geschossen ist, will noch immer bedient werden. So „produzieren“ Züchterinnen und Züchter auch weiterhin „Nachschub“ am laufenden Band.

Züchterinnen und Züchter „produzieren Nachschub" der Ware Tier am laufenden Band. Foto: iStock / Getty Images

Es ist eine gewaltige Zahl: In deutschen Haushalten leben knapp 35 Millionen Kleinsäuger, Hunde, Katzen und Vögel. Und die riesige Nachfrage nach tierischen Gefährten, die zudem während der Corona-Pandemie zusätzlich in die Höhe geschossen ist, will noch immer bedient werden. So „produzieren“ Züchterinnen und Züchter auch weiterhin „Nachschub“ am laufenden Band. Was deren Kundschaft jedoch nicht weiß: Enge, Dreck und Dauerstress sowie Parasitenbefall und tote Mitinsassen in den kleinen Käfigen prägten bis zum Kauf das erst kurze Leben der sogenannten Heimtiere. Gleichzeitig warten jedes Jahr etwa 350.000 nicht mehr gewollte Tiere in deutschen Tierheimen auf ein neues Zuhause. Häufig werden unüberlegt angeschaffte Tiere in den Heimen abgegeben. Das zwingt viele Einrichtungen dazu, einen Aufnahmestopp zu verhängen, um der mittlerweile enormen Überfüllung Einhalt zu gebieten. Die massenhafte Vermehrung und der kommerzielle Handel mit fühlenden Lebewesen tragen dazu in hohem Maße bei.

Tiere zu Massenware degradiert

Eine im Dezember veröffentlichte PETA-Aufdeckung zeigt, welch erschütternde Zustände in Zuchtbetrieben für Kaninchen, Meerschweinchen, Hamster, Mäuse und Vögel herrschen. Videoaufnahmen aus den Betrieben belegen, wie die Tiere zu Tausenden zusammengepfercht dahinvegetieren: In meist völlig überfüllten Regalsystemen oder übereinandergestapelten Boxen und Käfigen kämpfen sie ohne ausreichendes Tageslicht um ihr Leben. Viele sind sichtlich gestresst, krank, verletzt oder bereits tot. Sogar eine mit Tierleichen gefüllte Gefriertruhe wurde dokumentiert. Das PETA zugespielte Material entstand zwischen Juni 2021 und Mai 2022. Es stammt aus sechs Zuchtbetrieben, davon vier in Deutschland, sowie jeweils einem in den Niederlanden und in Tschechien. Reklamationsbelege der Einzelhandelsfilialen veranschaulichen die Praxis im Zoohandel: Werden tote oder verletzte Tiere geliefert, wird der Kaufpreis zurückverlangt. Die Tierrechtsorganisation hat deswegen Mitte Dezember Strafanzeigen gegen die Verantwortlichen wegen Verstößen gegen das Tierschutzgesetz erstattet.

Die Tiere sind teils zusammen mit dahinvegetierenden Artgenossen auf engstem Raum eingesperrt. Foto: PETA Deutschland e.V.

Für den deutschen Heimtiermarkt werden die Tiere in Massen vermehrt und möglichst billig für den Weiterverkauf aufgezogen. Namhafte Abnehmer sind Einzelhandelsketten, Gartencenter, Baumärkte und Zoohandlungen. Auch die größten Namen sind darunter: Fressnapf, Futterhaus, Kölle Zoo, Dehner, Pflanzen Kölle und Hellweg haben alle in der Vergangenheit nachweislich von den betreffenden Zuchtbetrieben Tiere bezogen.

Leere Unternehmensversprechungen

Schon 2015 hat PETA die Zustände in Massenzuchtbetrieben, die deutsche Zoohandelsketten und Baumärkte mit Tieren belieferten, publik gemacht: Jene umfassten zentimeterhohe Fäkalien in den Käfigen, verwesende Tierleichen sowie Kannibalismus unter den Insassen. Stark vernachlässigt erkrankten und starben viele Tiere schon in den Zuchtanlagen. Nach zahlreichen Gesprächen mit der Tierrechtsorganisation in den Folgejahren hatten die Unternehmen eigentlich zugesichert, neue Standards einzuführen und konkrete Schritte einzuleiten, um die Unterbringungs- und Lebensbedingungen der Tiere zu verbessern. Leere Worte, wie die Ergebnisse der jüngsten Nachforschungen belegen. Denn noch immer gibt offensichtlich einzig der höchstmögliche Profit vor, was das Überleben derjenigen Tiere, die später über die Ladentheke gehen sollen, den Unternehmen wert ist.

Doch selbst wenn die Unternehmen sich an die vereinbarten höheren Standards halten würden, wären diese allein nicht ausreichend: Hier ist in erster Linie die Politik gefragt. Der Handel mit gezüchteten, fühlenden Lebewesen muss umgehend beendet und gleichzeitig mit den vielerorts völlig überfüllten Tierheimen kooperiert werden.

In lichtlosen Kellern vegetieren die Lebewesen auf schmutzigem Stroh vor sich hin. Foto: PETA Deutschland e.V.

Veränderung durch Dialog und Protest

Seit der Erstveröffentlichung der Missstände in den fabrikähnlichen Zuchtanlagen 2015 hat sich bislang kaum etwas verbessert. Umso beharrlicher demonstrieren Tierschützerinnen und Tierschützer vor den Filialen betroffener Unternehmen wie Dehner und Fressnapf, um potenzielle Kundschaft vom Tierkauf abzuhalten und weiteren Druck auf die Unternehmen auszuüben. PETA befindet sich mit etlichen Unternehmen im Gespräch und appelliert an sie, den Handel mit fühlenden Lebewesen endlich einzustellen. Auch im Kleinen kann etwas bewegt werden: Wer nach reiflicher Überlegung sein Leben mit einem tierischen Begleiter verbringen möchte, kann sich im Tierheim beraten lassen, statt in den Zoohandel zu gehen. In einem der vielen Heime wartet sicher schon ein zukünftiger tierischer bester Freund sehnsüchtig auf ein neues Zuhause.

Kleine Tiere, große Ansprüche

Ein weiteres Problem besteht darin, dass in Zoohandlungen, Gartencentern und Baumärkten immer noch ausschließlich Käfige, Nahrung und Zubehör verkauft werden, die den Ansprüchen der Kleintiere nicht gerecht werden. Tiere wie Meerschweinchen, Kaninchen, Hamster & Co. haben einen großen Bewegungsdrang und lieben es, diesen auszuleben. In handelsüblichen Käfigen ist dies jedoch von vornherein ausgeschlossen. So leben beispielsweise Hamster in der freien Wildbahn meist in unterirdischen, ausgeklügelten Höhlensystemen. Naheliegenderweise wollen sie auch in der Heimtierhaltung ihren Bedürfnissen nach Platz und unterirdischem Höhlenbau nachkommen. Zudem benötigen sie unterschiedliche Bereiche zum Schlafen, Spielen und zur Nahrungsaufnahme. Auch Kaninchen haben einen großen Bewegungsdrang zusammen mit ihren Artgenossen; nur wenn beides garantiert ist, können sie artgerecht gehalten werden. Auch hierfür bietet jedoch kein handelsüblicher Käfig genügend Platz. Werden Kleintiere nicht artgerecht gehalten, entwickeln sie häufig Verhaltensstörungen. Meist benagen sie dann Ställe, knabbern an den Gitterstäben oder lecken sich Hautstellen wund. Käfighaltungen führen bei sensiblen Tieren außerdem oftmals zu Verdauungsstörungen, die durchaus lebensgefährlich werden können. Zusätzlich leiden sie oft unter Wirbelsäulenverkrümmungen und Gelenkschäden.

Kontakt

PETA Deutschland e.V.
Friolzheimer Straße 3
70499 Stuttgart
E-Mail: sophieb@peta.de
Web: https://www.peta.de

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