Nachhaltig handeln

Nachhaltigkeit wird zum Top-Thema

Von Michael Gneuss und Katharina Lehmann · 2023

Strom aus Sonne und Wind statt aus Kohlekraftwerken, regional und fair erzeugte Lebensmittel statt industrieller Massenware, Bio statt Tierleid – Nachhaltigkeit wird für viele Deutsche immer wichtiger. Die Verantwortung für die Transformation hin zu einer umweltfreundlicheren Wirtschaft und Gesellschaft sehen die meisten aber bei den Unternehmen und beim Staat.

Adams Erschaffung mit grünen Händen
Für die Schaffung einer lebenswerten Umwelt müssen wir alle aktiv werden. Foto: iStock / AntonioSolano

Für ein Drittel der Deutschen hat Nachhaltigkeit in den vergangenen zwölf Monaten an Bedeutung gewonnen, zeigt das „TeamBank-Liquiditätsbarometer“ vom Mai dieses Jahres, für das das Marktforschungsunternehmen YouGov mehr als 3.000 Bundesbürgerinnen und Bundesbürger digital befragt hat. Gleichzeitig aber sei das eigene Engagement für Umwelt- und Klimaschutz auf fast allen Ebenen gesunken; vor allem bei der Vermeidung von Lebensmittelabfällen und Plastikmüll sowie beim Kauf von regionalen und saisonalen Lebensmitteln. So setzten nur noch 60 Prozent der Befragten auf die Vermeidung von Lebensmittelverschwendung, 58 Prozent wollten Wasser sowie Energie einsparen und 48 Prozent Plastikmüll vermeiden. Regionale Lebensmittel bevorzugen ebenfalls 48 Prozent. Zum Vergleich: Ein halbes Jahr zuvor lagen die Werte etwa zehn Prozentpunkte höher. 

Zudem sind zwar zwei Drittel der Befragten der Ansicht, dass Verbraucherinnen und Verbraucher selbst ihren Konsum ökologischer und sozialer gestalten müssten. Die Hauptverantwortung für nachhaltiges Handeln verorten sie jedoch bei den Unternehmen und beim Staat. So sehen 82 Prozent der Studien-Teilnehmenden sämtliche Unternehmen – egal, aus welcher Branche – in der gesellschaftlichen Verantwortung, etwas gegen den fortschreitenden Klimawandel zu tun. Und 77 Prozent der Befragten sind der Ansicht, der Staat müsse geeignete Rahmenbedingungen für den ökologischen und sozial verantwortbaren Konsum schaffen. 

Grüne Strategien sind Chefsache

Das haben auch die Unternehmen erkannt. „Nachhaltigkeit ist das absolute Top-Thema für die Zukunft“, weiß Stefan Tobias, Partner bei der Managementberatung Horváth. Für die Studie „Status quo der Nachhaltigkeitstransformation 2023“ hat Horváth 180 Top-Führungskräfte aus sechs Kernmärkten mit Fokus auf Europa zu ihren Nachhaltigkeitszielen und -strategien befragt. Ergebnis: In 80 Prozent der Unternehmen werden Ziele und Maßnahmen von abteilungsübergreifenden Nachhaltigkeitsteams und Arbeitskreisen umgesetzt, basierend auf den Vorgaben der Unternehmensführung. In zwei von fünf Unternehmen trägt die Verantwortung für die nachhaltige Transformation der CEO, zu 27 Prozent liegt sie beim gesamten Vorstand.

Im Fokus steht bei neun von zehn Unternehmen laut Horváth-Studie derzeit ein geringerer Ressourcenverbrauch – noch vor der Dekarbonisierung. Zu den konkreten Maßnahmen zählen in 45 Prozent der Unternehmen Energieeinsparungen und die Steigerung der Energieeffizienz. Gleichauf liegt die Kompensation des CO2-Verbrauchs. Die Nutzung ökologischer Energieträger landet mit 43 Prozent auf dem dritten Platz. Weitere Maßnahmen sind die Veränderung der Betriebsabläufe (37 Prozent) und der Lieferketten zwischen den Standorten (35 Prozent), der Aufbau von eigenen (erneuerbaren) Energieerzeugungskapazitäten (34 Prozent) sowie die Dekarbonisierung der Lieferkette (34 Prozent). Die Entwicklung von Kreislaufwirtschaft (34 Prozent), Erneuerung des Anlagenbestands (25 Prozent) und Nutzung von Wasserstofftechnologien (23 Prozent) sind weitere Maßnahmen. 

Allerdings, auch das zeigt die Studie, steht dem ambitionierten Ziel, dass Unternehmen im Durchschnitt bis 2032 klimaneutral werden wollen, ein ernüchternder Status quo gegenüber: So haben bisher nur elf Prozent der Unternehmen tatsächlich signifikante CO2-Einsparungen erzielt. Ein Drittel der Unternehmen hat noch gar kein Klimaziel festgelegt oder plant die Klimaneutralität erst zum Jahr 2045. Und nur 42 Prozent haben eine konkrete Roadmap zur Erfüllung ihrer Nachhaltigkeitsziele. 

Nachhaltig handeln: Transformation braucht Know-how

Größtes Hemmnis für den ökologischen Wandel könnte in den kommenden Jahren der Fachkräftemangel werden. Einer repräsentativen Erhebung des Kompetenzzentrums Fachkräftesicherung (KOFA) am Institut der deutschen Wirtschaft (IW), das im Auftrag des Bundeswirtschaftsministeriums 744 Unternehmen zu ihren Nachhaltigkeitsbemühungen befragt hat, ergab: Schon heute sehen sechs von zehn Unternehmen im allgemeinen Personalmangel, in fehlenden Fachkräften und fehlendem Wissen eine Herausforderung für mehr ökologische Nachhaltigkeit.

Zwar habe sich bereits jedes zweite Unternehmen intensiv mit dem ökologischen Wandel auseinandergesetzt – 40 Prozent der Unternehmen bieten bereits ökologisch nachhaltige Leistungen an, und 90 Prozent ergreifen im Unternehmensalltag Maßnahmen, um ihre ökologische Nachhaltigkeit zu erhöhen – insgesamt werde der ökologische Wandel jedoch tendenziell als herausfordernder wahrgenommen als der digitale Wandel.

Knapp die Hälfte der Unternehmen rechne demnach damit, dass die Kompetenzanforderungen an Mitarbeitende im Zuge der Veränderungen durch den ökologischen Wandel steigen – weil in den kommenden Jahren ganz neue Tätigkeitsprofile entstehen oder sich der Berufe-Mix im Unternehmen verändern werde. Um die Beschäftigten fit zu machen für die ökologische Transformation, nutzen Unternehmen vor allem Qualifizierungsmaßnahmen – auch weil sie aufgrund des zunehmenden Fachkräftemangels ohnehin schon Probleme haben, offene Stellen zu besetzen. 

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