Designed for Recycling

Wiederverwerten statt wegwerfen

Von Katharina Lehmann · 2023

Designed for Recycling – Produkte also von Anfang an so zu entwickeln und herzustellen, dass die Wiederverwertung der Materialien am Ende des Produktlebens ohne Aufwand möglich ist – das soll in der EU künftig Standard werden. Noch sind wir davon aber weit entfernt.

Eine Frau mit einem Mehrwegbecher auf der Straße
Mehrwegbecher sind nicht nur beim Coffee to go eine gute Alternative. Foto: iStock / ABRAHAM GONZALEZ FERNANDEZ

Anfang Juli kritisierte der Europäische Rechnungshof denn auch, dass die Kommission und die Mitgliedsstaaten der EU das für den Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft vorgesehene Geld nicht effizient genug nutzen würden. Den Angaben zufolge sind von der EU für den Zeitraum 2016 bis 2020 mehr als zehn Milliarden Euro für den Übergang zur Kreislaufwirtschaft vorgesehen gewesen. „Die EU-Mittel wurden größtenteils für die Abfallbewirtschaftung verwendet. Dort besteht allerdings ein geringeres Potenzial zur Verringerung von Umweltauswirkungen“, so der Rechnungshof in Luxemburg. Nach Einschätzung der Prüfstelle wäre es besser, etwa in wiederverwertbares Design zu investieren. 

Produkte bereits in der Entwicklung so zu gestalten, dass sie beziehungsweise ihre Komponenten und die dafür verwendeten Rohstoffe wiederverwertet werden können, das ist einer der zentralen Gedanken des Design-Circular-Konzepts. „Unternehmen entwickeln neue Produkte, die den Kriterien der Kreislaufwirtschaft entsprechen und bestehende Produkte in neue Geschäftsmodelle überführen“, erklärt Alfred Münger, Professor an der Hochschule für Wirtschaft Freiburg (HEG-FR) und Unternehmensberater. 

Die sieben R

Zentraler Bestandteil einer funktionierenden Kreislaufwirtschaft ist für ihn das Konzept der sieben R: „Reduce“ bezeichnet das Reduzieren eingesetzter Rohstoffe, wo immer es möglich ist. So könnten Stanzabfälle in einem geschlossenen Kreislauf mit dem Herstellerwerk zirkulieren oder Angüsse aus der Kunststoffproduktion innerhalb der Fertigung wieder gemahlen und unmittelbar mit Neumaterial vermischt werden. Auch sollten Kunststoffe durch nachwachsende Rohstoffe ersetzt werden. „Reuse“ bezieht sich auf Produkte, die so konzipiert sind, dass sie oder zumindest ihre Komponenten wieder oder anders verwendet werden können. 

Refit“, also das regelmäßige Überholen und Fitmachen für die zukünftige Verwendung von Produkten, lohne sich vor allem bei hochpreisigen Dingen. Aber auch günstigen Produkten könnte ein solches Refitting nützen. „Schuhe, die einem ans Herz gewachsen sind, können gut ausgebildete Schuhmacher fast in ihren Ursprungszustand versetzen“, nennt Münger ein Beispiel. Unter „Rebuild“ versteht er das technologische Aufrüsten bestehender Produkte. So könne ein Lastwagen, dessen Chassis noch in einem guten Zustand ist, mit einem neuen, saubereren und ressourcensparenden Motor überholt werden. Der Lastwagen könnte ohne größere Probleme einen weiteren Lebenszyklus überstehen; der Ressourcenbedarf würde massiv sinken.

Wichtig sei zudem, Produkte reparierbar zu machen. Im Sinne des „Repair“ sollten zum Beispiel Handy-Akkus einfach auswechselbar sein. „Eine große Anzahl an Produkten kann heute nur unter (zu) großem Aufwand repariert werden“, so Münger. Vernünftiger sei es, bereits in der Designphase eines Produktes neben End-of-Life-Szenarien gleichermaßen Reparaturmöglichkeiten einzuplanen. Aber auch Produkte, die am Ende ihres Produktlebenszyklus angelangt sind, können neu aufgebaut oder einer anderen Nutzung zugeführt werden. Als Beispiel für ein solches „Refurbish“ nennt Münger Handtaschen, die aus ausgedienten Lastwagenplanen gefertigt werden. 

Und nur wenn gar nichts mehr geht, heißt es „Recycle“, also Produkte in ihre Einzelkomponenten zerlegen und diese dem Wertstoffkreislauf wieder zuführen. Doch auch hier können Unternehmen viel tun, um den Recycling-Prozess zu vereinfachen oder überhaupt erst möglich zu machen. Beispiel Kunststoff: Werden Shampooflaschen oder Kosmetiktuben aus komplexen Kunststoffverbindungen gefertigt, lassen sie sich nach Gebrauch meist nicht wieder in die einzelnen Kunststoffe zerlegen. Es bleibt dann nur die Verbrennung. Besser ist es, solche Produkte aus Monokunststoffen herzustellen. 

Recycling-Quote verdoppeln – mit Designed for Recycling?

So hat denn auch die EU schon 2020 vor dem Hintergrund des Green Deal einen Aktionsplan mit dem Ziel vorgelegt, den Anteil der Materialien, die in der EU recycelt und der Wirtschaft wieder zugeführt werden, bis 2030 zu verdoppeln. Der Plan sollte dabei helfen, dass die Länder Maßnahmen zur Förderung der Kreislaufwirtschaft ergreifen. „Materialien zu erhalten und möglichst wenig Abfall zu erzeugen ist unerlässlich, wenn die EU ressourceneffizient werden und die Umweltziele ihres Grünen Deals erreichen will“, sagt Annemie Turtelboom vom Europäischen Rechnungshof. „Doch die EU-Politik hat bisher ihr Ziel verfehlt, da der Übergang zur Kreislaufwirtschaft in den europäischen Ländern leider kaum noch vorankommt.“

In Deutschland lag der Anteil der Materialien, die kreislauforientiert verwendet werden können, im Jahr 2020 nach Angaben des Statistischen Amtes der EU bei 12,9 Prozent. Spitzenreiter waren demnach die Niederlande mit 30 Prozent, Schlusslicht war Rumänien mit 1,5 Prozent. Der durchschnittliche Anteil in der EU betrug 11,7 Prozent. 

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