Elektrifizierung im Güterverkehr

Grüne Lasten

Von Jens Bartels · 2021

Bis zum Jahr 2030 soll rund ein Drittel des Güterverkehrs elektrisch oder auf Basis strombasierter Kraftstoffe unterwegs sein. So will es das Klimapaket der Bundesregierung. Gefragt sind umweltfreundliche Antriebskonzepte, nachhaltige Flottenlösungen und gute Ideen entlang der gesamten Transportkette.

LKWs auf einer Straße
Mit Brennstoffzelle oder synthetischen Kraftstoffen sind Deutschlands Lkw grün unterwegs. Foto: iStock / Bim

Deutschlands Verkehrssektor muss die CO₂-Emissionen senken. Dies gelingt nur, wenn der aus Lkws, Bussen oder den Fahrzeugflotten der Unternehmen bestehende Wirtschaftsverkehr klimafreundlicher wird. Etwa bis zum Jahr 2040 prognostiziert der Verband der europäischen Lkw-Hersteller (ACEA) das Ende der Produktion von Trucks mit klassischen Verbrennungsmotoren. Nach Überzeugung des ACEA wird die Erreichung dieses Ziels möglich sein, sofern ein dichtes Netzwerk von Lade- und Betankungsinfrastrukturen sowie ein kohärenter politischer Rahmen einschließlich umfassender CO₂-Preise geschaffen wird.

Klimafreundliche Antriebe durch Elektrifizierung im Güterverkehr

Im Fokus eines Wechsels beim Antrieb schwerer Nutzfahrzeuge in eine klimafreundliche Zukunft stehen vor allem drei Optionen: Elektro-Lkw mit Brennstoffzelle und Wasserstoff aus Ökostrom, die synthetische Herstellung von Dieselkraftstoff aus Wasserstoff sowie Elektro-Lkw mit Batterie und Oberleitung. Gerade im Fernverkehr bilden Oberleitungen an Autobahnen eine sehr effiziente Option. Dabei fahren E-Lkw mit Stromabnehmer und können zugleich ihre Batterie aufladen. Teststrecken für diese klimafreundliche Art der Fortbewegung gibt es bereits in Deutschland, China oder in den USA. Wird auf einem Streckennetz von rund 4.000 Kilometern ein leistungsfähiges Oberleitungssystem für Lkw aufgebaut, so könnte allein ein Drittel des Lkw-Fernverkehrs mittels Oberleitung elektrisch erfolgen. „Bauen wir ein solches Oberleitungsnetz für Lkw auf, können die direkten Treibhausgasemissionen allein des Straßengüterfernverkehrs pro Jahr um bis zu zwölf Millionen Tonnen CO₂ sinken“, fasst Florian Hacker, Leiter des Projekts zu Potenzialen des Oberleitungsgüterverkehrs zusammen. „Das entspricht mehr als einem Drittel der Emissionen des schweren Straßengüterverkehrs.“ Im Vergleich dazu ist die Antriebstechnik mit einer Brennstoffzelle und Wasserstoff aus Ökostrom weniger effizient; die entsprechende Infrastruktur von Wasserstofftankstellen fehlt ebenfalls.

Saubere Firmenflotten fördern

Neben den schweren Nutzfahrzeugen ist auch die umweltfreundliche Ausrichtung von Firmenflotten eine wichtige Stellschraube im Bestreben nach einem deutlichen Rückgang des CO₂-Ausstoßes im Verkehrssektor. Schließlich machen Firmenwagen in den wichtigsten europäischen Märkten den Großteil der Neuwagenverkäufe aus. Bislang verläuft die Entwicklung uneinheitlich und beruht nur in wenigen Fällen auf einer langfristigen Strategie zum Umbau der Flotten. Das geht aus einer Befragung hervor, die der Thinktank Agora Verkehrswende im Rahmen eines Mobilitätsprojekts mit 16 DAX-Unternehmen durchgeführt hat. Danach haben alle an der Umfrage beteiligten Unternehmen bereits elektrische Pkw in ihren Flotten, insgesamt rund 12.000 Fahrzeuge. Etwas mehr als die Hälfte dieser Pkw haben einen rein batterieelektrischen Antrieb, etwas weniger als die Hälfte eine Kombination aus Batterie und Verbrennungsmotor (Plug-in-Hybrid). Brennstoffzellenfahrzeuge spielen praktisch noch keine Rolle. Etwa die Hälfte der Befragten halten die Mehrkosten bei der Anschaffung und den Mangel an öffentlichen Ladestationen für ein Problem. Ein Blick auf die derzeitige Ladeinfrastruktur für sämtliche Nutzfahrzeuge verrät: Zu den Herausforderungen gehört neben der geringen Zahl an öffentlichen Ladestationen die Tatsache, dass sehr häufig der Stellplatz an der E-Ladesäule für Lkws einfach zu klein ist. Entsprechend kommt insbesondere im Nahverkehr dem Aufbau einer bedarfsgerechten Ladeinfrastruktur auf den Betriebshöfen für das Aufladen in der Nacht eine wichtige Rolle zu.

Intelligente Zukunftslösungen

Wie sich CO₂ im Verkehrssektor künftig übrigens entlang der gesamten Transportkette einsparen lässt, zeigt ein grünes Projekt aus Berlin für eine kommunale Verkehrswende im Güterverkehr. Bei dem Projekt „A-Swarm“ geht es um eine möglichst emissionsfreie Verteilung von Waren vom zentral gelegenen Westhafen in die ganze Stadt. Dabei kommen autonom fahrende Boote zum Einsatz, die sowohl getrennt zu verschiedenen Umschlagstellen als auch im Schubverband gekoppelt fahren können. Diese kleineren Schiffe werden umweltfreundlich mit elektrischer Energie aus Batterien und Brennstoffzellen versorgt und können autonom dank einer Vielzahl an Radar- und Lasersensoren auch auf den kleineren Wasserstraßen in der Metropolregion eingesetzt werden. An den über die ganze Stadt verteilten Anlegestellen holen Fahrradkuriere die Ladung anschließend ab und transportieren sie umweltfreundlich bis an ihr Ziel. Erste Testfahrten sind für das dritte Quartal 2021 geplant.

Wussten Sie schon, dass …

… die großen börsennotierten Unternehmen in Deutschland in ihren Flotten vermehrt auf Elektrofahrzeuge setzen? Der durchschnittliche Anteil elektrischer Pkw in den Fahrzeugflotten von DAX-Unternehmen ist laut einer Umfrage der Experten von „Agora Verkehrswende“ mit 5,9 Prozent zwar noch klein, liegt aber über dem Bundesdurchschnitt von 3,3 Prozent in Gewerbeflotten (Stand: Juli/August 2020).

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